bildung

ab 1986 zeichenstudium bei prof. seeger (kunstschule) und ab 1988 bei prof. butz (akademie der bildenden künste), münchen
1989 – 1993 grafik-design studium an der fachhochschule münchen. diplom bei prof. jünger in interfakultärer zusammen- arbeit mit prof. dr. schmidt, geoinformationswesen und prof. wild, druckingineure. 1993 – 94 la cambre, école nationale superieure des arts visuels, bruxelles (photographie). 1994 aufnahme zum master of art in photography studies, visual school of art, new york. freiberuflicher fotograf und dipl. kommunikationsdesigner seit 1995. lehrauftrag an der fachhochschule augsburg, fachbereich multimedia, freie fotografie von 1999 bis 2006.

christof leistl – a storyteller

christof leistl (geb. 1963 in freising/oberbayern) ist ein geschichtenerzähler. seine fotosequenzen anzuschauen, gleicht dem spannungsvollen verfolgen eines schwarzweißfilms, der den zuschauer im ungewissen läßt – zwischen realität und fiktion. es geht leistl nicht um eine handlung im eigentlichen sinne – und doch fügen sich die aus dem fluß des geschehens herausgeschnittenen wahrnehmungssplitter zu einem ganzen bild, zu einer geschichte – zum beispiel als portät einer stadt – brüssel etwa oder belfast. nicht das spektakuläre, sondern das bedeutungsvolle des nebensächlichen zieht dabei seine aufmerksamkeit an.

man fühlt sich deshalb an die großen der street photography erinnert, an die flaneur-fotografen, von brassai, robert frank, robert doisneau bis zu den scheinbar beiläufig entstandenen aufnahmen eines lee friedlander oder garry winogrand und deren urbaner melancholie.
aber christof leistl gehört zu einer jungen generation in der fotografie, die sich von diesen dominanten vorbildern befreit hat und mit einer völlig anderen dichte und qualität von emotionen arbeitet, ohne rücksicht auf objektiv-distanzierenden dokumen-
tarismus. ihre sicht zeugt von gestalterischem bewußtsein und manipulativem vorgehen, das in der geheimnisvollen ver-
schlüsselung des banalen gipfelt: eben gute story art. wirklichkeit wird begriffen als eine endlose kette von ereig-
nissen, die einander gegenseitig spiegeln und die in der anhäufung, in der akkumulation einzelner bilder deren geschichte preisgibt.

leistl entwickelt dabei seine spezifische note – vor dem hinter-
grund der aktuellen film-, musik- und graphikszene. bewegung zählt, subjektive impression, atmosphärische struktur. er be-
gleitet sein motiv, vertraut sich dessen rhythmus und eigen-
dynamik an. zuweilen löst sich die distanz zum fotografischen gegenstand so weit auf, rückt die kamera der situation so nah zu leibe, daß man sie fast im bild sehen zu müssen glaubt. grobkörnige verwischung, diffuse perspektiven, unschärfen bestimmen diese aufnahmen – etwa einer alten enzianschnaps-
brennerei, einer schmiedewerkstatt, einer loveparade  –, die dann glücklicherweise immer wieder auf das detail fokussieren und dort zur ruhe kommen, denn das ziel verliert leistl nie aus dem auge. er läßt sich von seinem sujet berauschen – das ja – und zwingt den betrachter in den sog dieser suggestiven lichtbilderwelt mit hinein, die sich – nicht zufällig – auch »autorenfotografie« nennt.

christol leistl hat sich thematisch nicht festgelegt. er sucht vielmehr, die verschiedensten phänomene unserer zeit – kulturelle, politische, historische – fotografisch zu ergründen, und publiziert dann seine erkenntnisse in quasi dokumen-
tarischer buchform. graphisches konzept, fotoerzählung, textmontagen werden von leistl selbst entworfen und ver-
schmelzen in dieser neuen version des klassischen fotobuches zu einem visuellen erlebnis.

florian hufnagl
direktor
die neue sammlung
staatliches museum für angewandte kunst, münchen